Hoy
Orkneys Dichter

George Mackay Brown

“Die Essenz von Orkney’s Magie ist Stille, Einsamkeit und die tiefen, wunderbaren Rhythmen von Meer und Land, Dunkelheit und Licht.” George Mackay Brown

Im zwanzigsten Jahrhundert produzierten die Orkney-Inseln drei Schriftsteller mit außergewöhnlichen Visionen und Fähigkeiten: Edwin Muir, Eric Linklater und George Mackay Brown. Während jeder dieser Schriftsteller von Orkney beeinflusst wurde, ist es George Mackay Brown, dessen Arbeit in erster Linie die Geschichte und Identität des einzigartigen kulturellen Erbes der Inseln verkörperte.

Orkney Tapestry

George Mackay Brown (1921-1996) wurde in Stromness auf dem Orkney Mainland geboren und lebte dort sein ganzes Leben lang, abgesehen von seinen Studienzeiten am Newbattle Abbey College (in der Nähe von Edinburgh) und der University of Edinburgh. Die Geschichte der Inseln, von der mythischen Vergangenheit bis zur Gegenwart, die Landschaft und das Meer sowie die Berufe und Charakter des Inselvolkes bilden den größten Einfluss auf seine Arbeit. Sein Repertoire umfasste Kurzgeschichten, Theaterstücke und Romane sowie Gedichte. Er arbeitete auch mit dem Komponisten Sir Peter Maxwell Davies zusammen, der vor allem als Hofkomponist von Königin Elizabeth II bekannt wurde und ein lebenslanger Freund von Mackay Brown war. Sir Peter lebte selbst auf den Orkney Inseln Insel Hoy und Sanday, wo er im Jahre 2016 verstarb. 

George Mackay Brown & Peter Maxwell DaviesGeorge Mackay Brown & Peter Maxwell Davies. Photo courtesy of Gunnie Moberg Archive

Mackay Brown war das jüngste von sechs Kindern von John Brown, Schneider und Postbote, und Mhairi Mackay, einer Gälisch sprechenden Frau aus Easter Ross. Er wuchs in armen Verhältnissen auf und litt als junger Mann an Tuberkulose. In seinen Zwanzigern arbeitete er als Journalist für den Orkney Herald, verließ Orkney jedoch im Alter von dreißig Jahren, um am Newbattle Abbey College in der Nähe von Edinburgh zu studieren. Dort lernte er den Schriftsteller und Dichter Edwin Muir kennen, der ihn zum Schreiben ermutigte. Anschließend studierte er Englisch an der Universität von Edinburgh, machte 1960 seinen Abschluss und kehrte kurz darauf wieder zurück zu seinem ‘island home’, Orkney. 

Die Orkney-Inseln sind nach Mackay Browns Worten „ ein reichhaltiger Brühtopf an Menschen“, und ein Großteil seiner Arbeit ist von seinem Interesse an der Geschichte der dort lebenden Menschen beeinflusst. Die Wikinger und die nordische Mythologie werden am besten in den Romanen Magnus (1973) und Vinland (1992) von ihm verarbeitet, aber auch in Werken wie “A Celebration for Magnus” (1987), einer musikalischen Zusammenarbeit mit Sir Peter Maxwell Davies. 

"Schriftsteller", kommentierte George Mackay Brown einmal, "sollten die Menschen kennen, über die sie über mehrere Generationen hinweg schreiben. Es gibt Geschichten, die nicht nur an Männer und Frauen, sondern auch an ihre Großeltern und Urgroßeltern gerichtet sind: Auf diese Weise werden Legenden wichtiger als das Geschwätz.''

Er hatte genügend Material direkt vor seiner Nase und bearbeitet alles von Mythen, Legenden bis zu Beobachtungen von Licht und Dunkelheit, wovon es auf den Inseln viel gibt. Der irische Schriftsteller, Seamus Heaney war ein großer Fan von Mackay Brown und sagte über ihn: “Er verwandelt alles, indem er es durch das Nadelöhr von Orkney führt.”

Auf den Orkney-Inseln fand Mackay Brown einen Mikrokosmos der ganzen Welt. Orkney wird seit ungefähr 6.000 Jahren ununterbrochen bewohnt und die Schichten von Kulturen und Traditionen sind unvermeidlich, wohin man auch geht. Man kratzt an der Oberfläche von Orkney, und es blutet Geschichte. 

Ring of Brodgar, Orkney“Hier liegen Geschichten in der Luft. Wenn ich 500 Jahre alt wäre, gäbe es noch mehr zu schreiben.'' George Mackay Brown

In seinem bescheidenen Haus in Stromness arbeitete er mit ruhiger, unermüdlicher Disziplin. Sechs Tage die Woche saß er von 9 bis 13 Uhr in seiner Küche und schrieb mit einem Kugelschreiber auf Blöcken aus Papier. Er stützte sich auf dieselbe Oberfläche, auf der er sein Frühstück aß, mit dem Rücken zum Fenster, damit er nicht abgelenkt wurde. Die Nachmittage verbrachte er in einem großen Schaukelstuhl neben einem offenen Feuer, das bei jedem Wetter brannte. Er las viel, war aber ebenso glücklich, nur zu sitzen und nachzudenken. Er definierte die wahre Aufgabe des Dichters als "Befragung der Stille" und behauptete, er habe die grössten Erfahrungen seines Lebens allein am Feuer gemacht.

George Mackay Browns Haus in StromnessGeorge Mackay Browns Haus in Stromness

Und dank seiner Disziplin, hinterließ er uns mehrere Gedichtsammlungen, fünf Romane, acht Sammlungen von Kurzgeschichten und zwei Gedichtstücke sowie Sachporträts von Orkney, einer Autobiografie, “For The Islands I Sing” (1997), und veröffentlichte zahlreiche Artikel in Zeitungen. 

Ein sesshaftes Zuhause, das George Mackay Brown nur selten verließ, eine kraftgebende Religion, die er liebte und ein oder zwei Whiskys sollten ihn und sein Schreiben bis zu seinem Tod in Stromness am 13. April 1996 erhalten.

Am gleichen Tag, an dem er starb, wurden die ersten Exemplare seiner letzten Gedichtsammlung “Following a Lark” veröffentlicht. Sein poetisches Glaubensbekenntnis aus dieser Sammlung steht auf seinem Grabstein am Strand von Warebeth (entnommen aus dem Gedicht „Ein Werk für Dichter“): 

“Carve the runes / Then be content with silence”.
„Schnitze die Runen / Dann sei zufrieden mit der Stille“

An seiner Beerdigung in der St Magnus Kathedrale spielte sein langjähriger Freund, Sir Peter Maxwell Davies, sein Stück “Farewell to Stromness”. Augen schließen und genießen:  

https://www.youtube.com/watch?v=zpJB-XXE9Xg

Brown-George-Mackay-by-Gordon-Wright_courtesy of Scottish Poetry LibraryGeorge Mackay Brown - Photo by Gordon Wright, courtesy of Scottish Poetry Library

Übrigens: George Mackay Brown’s wunderbarer Roman Greenvoe ist unter dem Titel „Ein Sommer in Greenvoe“ als deutschsprachiges Taschenbuch erhältlich.
 

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Von Stef
Geschrieben am 12. Juni 2020
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